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Am 7. Oktober 2005 verstarb der Gründer und Leiter des BPB-Verlages Professor Dr. Erhard Hischer. Sein Nachfolger am Eichstätter Lehrstuhl für Sozialpädagogik würdigte Leben und Wirken des Verstorbenen in einem Nachruf, erschienen im Eichstätter Kurier am 11. Oktober 2005.


 

Professor Dr. Erhard Hischer – ein Pädagoge
mit Kopf, Herz und Hand

Prof. Dr. Erhard Hischer Eichstätt – Im gesegneten Alter von 80 Jahren verstarb nach längerer, mit bewundernswerter Geduld ertragener Erkrankung Universitätsprofessor Dr. Erhard Hischer. Mit ihm verliert die Philosophisch-Pädagogische Fakultät ein bei Kollegen und Studierenden gleichermaßen hochrespektiertes und beliebtes Mitglied sowie einen kraftvollen Mitgestalter und großen Förderer in vielen ihrer Anliegen.

Erhard Hischer wurde am 1. Juni 1925 in Neustadt, Oberschlesien, geboren und nach dem Abitur 1943 zum Kriegsdienst in der Luftwaffe einberufen. Nach mehrmonatiger Kriegsgefangenschaft fand er zunächst in der Nähe von Dortmund und ab 1946 in Straubing eine neue Heimat. Tätigkeiten in der Landwirtschaft und als Zimmermann, die erste und zweite Prüfung für das Lehramt an Volksschulen, ein dreijähriger Schuldienst, schließlich das Examen zum Diplompsychologen und die Promotion an der Universität München sowie eine neunjährige Berufstätigkeit als Regierungsrat in den Justizvollzugsanstalten Kaisheim und Niederschönenfeld markieren seinen weiteren Werdegang.

1964 nahm Erhard Hischer den Ruf der Pädagogischen Hochschule Essen auf die Professur für Psychologie an und – nach erfolgter Habilitation – 1970 den Ruf der Ruhr-Universität Dortmund auf den Lehrstuhl für Didaktik der Sonderschule für Körperbehinderte und Heilpädagogik.

Als Erhard Hischer schließlich 1976 den Lehrstuhl für Sozialpädagogik an der damaligen Gesamthochschule und heutigen Universität Eichstätt-Ingolstadt übernahm, stieß ein inner- und außeruniversitär gleichermaßen erfahrener Kollege zu uns: langjährige pädagogische, psychologische und psychotherapeutische Praxiserfahrungen in vielen Feldern des Sozialwesens, kontinuierlich dokumentiert in Publikationen mit einem breiten und empirisch fundierten Œuvre, ergänzten sich geradezu ideal mit seinen universitären Kompetenzen. So übernahm er bereits 1976 den Vorsitz im Diplomprüfungsausschuss Pädagogik, den er über zwei Jahrzehnte noch über seine Emeritierung 1993 hinaus mit der ihm eigenen großen Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit und hohem Interesse am akademischen Nachwuchs leitete, stellte sich zweimal für das Amt des Dekans und Senators zur Verfügung, wobei seine unverwechselbar geradlinige und zielstrebige Gestaltungskraft der Neustrukturierung der Fakultät, etwa beim Aufbau des Diplomstudienganges Psychologie, und der Universität als ganzer zugute kam.

Mit kaum zu übertreffendem Eifer wirkte Erhard Hischer in Lehre und Forschung. Mehrere Forschungsprojekte, gefördert von Bundes- und Landesministerien, konnte er zu in Wissenschaft und Praxis gleichermaßen beachteten Erfolgen führen; die Mitarbeit in Curriculumkommissionen beim Staatsinstitut für Schulpädagogik, zahlreiche Mitwirkungen in Berufungskommissionen an anderen deutschen Universitäten sowie vielfache Gutachteranfragen in Habilitationsverfahren zeugen von seiner großen Reputation im Fachgebiet.

In der Lehre lag ihm besonders daran, die Studierenden nicht nur an seinem ja so breit erworbenen Wissen teilhaben zu lassen, sondern sie gerade aufgrund seiner Erfahrungen mit Behinderten, Rechtsbrechern und anderweitig Ausgegrenzten zur verantwortlichen, sensiblen, insbesondere aber respektvollen, ja liebevollen Begegnung mit „Menschen in Not“ zu ermutigen und zu befähigen. Diese Haltung lehrte Erhard Hischer nicht nur, sondern er lebte sie täglich überzeugend im Zusammenwirken mit den Kollegen, mit seinen zahlreichen akademischen Schülern und mit den Studierenden. Dabei und in der von ihm entwickelten „Begegnungspädagogik“ schien das Motto der Einheit von Kopf, Herz und Hand des von ihm geschätzten Pädagogen Pestalozzi unmittelbar greifbar auf. In Hochachtung und mit guten Erinnerungen nehmen wir von ihm Abschied. Wir empfinden tiefe Dankbarkeit dafür, dass wir ihn erleben und an seiner Seite wirken durften.

Prof. Dr. Hans-Ludwig Schmidt

 © Peter Mösgen Peter Mösgen 11. Oktober 2005