Eichstätter Sozialpädagogische Arbeiten
Band 17
Klaus W. Stöhr:
Determinanten der Pflegebedürftigkeit von Patienten
mit einer chronifizierten schizophrenen Psychose
2005. - 150 S., ISBN 3-927728-63-2, Eur[D] 14,90
Trotz neuer Neuroleptika und verbesserter soziotherapeutischer
Behandlungsmöglichkeiten nehmen immer noch etwa 40 Prozent aller
Schizophrenie-Erkrankungen einen chronischen Verlauf. Teilweise
müssen die Patienten dauerhospitalisiert werden.
In der vorliegenden Untersuchung wurden chronisch schizophrene Patienten
eines psychiatrischen Wohnheims mit ebenfalls schwer chronisch schizophrenen
Institutsambulanzpatienten nach der Methode der statistischen Zwillinge mit
dem Ziel verglichen, Determinanten der Pflegebedürftigkeit zu eruieren.
Hinsichtlich des Schweregrades der Positiv- und Negativsymptomatik sowie der
globalen Psychopathologie finden sich nahezu keine Unterschiede zwischen den
Gruppen. Unterschiede zeigten sich bei den dauerhospitalisierten Patienten
hinsichtlich der geringeren Besorgnis um die eigene Gesundheit, der
verminderten Compliance, dem niedrigeren globalen Funktionsniveau, dem
früheren Ersterkrankungsalter, dem fehlenden Berufsabschluss und
hinsichtlich zusätzlicher neuropsychologischer Störungen (abstraktes
Denkens, Exekutivfunktionen).
In beiden Gruppen starben insbesondere die Väter früh, es gab gehäuft
psychiatrische Erkrankungen im familiären Umfeld sowie belastende
Ereignisse im Vorfeld der Ersterkrankung. Jeder vierte Patient berichtete
explizit über einen sexuellen Missbrauch in der Kindheit.
Die Konsequenzen: Bei allen früh erkrankten Schizophrenen muss
eine frühzeitige neuropsychologische Diagnostik erfolgen; prophylaktische
Maßnahmen wie die Unterstützung durch social support, kognitives Training,
Psychoedukation des sozialen Umfeldes und eine medikamentöse sowie
supportiv-psychotherapeutische Betreuung möglichst durch eine
Institutsambulanz sind dringend notwendig.
Dr. phil. Klaus W. Stöhr, geboren 1954 in Wetter/Hessen, hat in Marburg
Psychologie studiert. Nach kurzer Tätigkeit als Stationspsychologe
an der Universitätsnervenklinik in Göttingen kam er 1982 ans
Klinikum Ingolstadt. Dort baute er die erste integrierte psychiatrische
Abteilung Bayerns, das „Zentrum für Psychiatrie und
Psychotherapie“, mit auf und wurde 1992 dessen leitender
Psychologe. Seit 2003 führt er den neu eingerichteten Bereich
„Psychologische Diagnostik und Therapie“.
Der Autor ist Fachpsychologe für Psychiatrie, Supervisor und
Psychologischer Psychotherapeut. 2004 wurde er an der Katholischen
Universität Eichstätt-Ingolstadt zum Dr. phil. promoviert. Er hat
eine Reihe von Vereinen initiiert und mitbegründet, die sich regional
und überregional für die Verbesserung der psychotherapeutischen
beziehungsweise psychiatrischen Versorgung einsetzen.
Dr. Klaus W. Stöhr arbeitet ehrenamtlich für die psychosoziale
Arbeitsgemeinschaft Ingolstadt, das Bildungswerk des Verbandes der
bayerischen Bezirke sowie die Bayerische Psychotherapeutenkammer.
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