Reihe diritto Wissenschaft
Heinz Lehmeier: vergriffen
Schulpsychologie in Bayern. Eine quantitativ-qualitative Momentaufnahme aus
historischer, handlungskonzeptioneller und schultheoretischer Perspektive
1994. - 306 S., Abb., ISBN 3-927728-49-7, Eur[D] 14,90
Zugl.: Eichstätt, Univ., Diss., 1993 unter dem Titel:
Lehmeier, Heinz: Quantitativ-qualitative Momentaufnahme bayerischer
Schulpsychologie aus historischer, handlungskonzeptioneller und
schultheoretischer Perspektive
Struktur und Bedingungen schulpsychologischer Tätigkeit in Bayern sind in
den zurückliegenden zehn Jahren nicht näher untersucht worden. Die letzte
stichprobenweise Bestandsaufnahme dazu erfolgte 1982 (Neubauer). Seither
ist der schulpsychologische Dienst in Bayern im Anschluss an eine neu
begründetet Ausbildungskonzeption stetig ausgebaut worden.
Soweit überhaupt Forschungsergebnisse vorliegen, beschränken sie sich
zumeist auf die Analyse von Schätzangaben zur Verteilung unterschiedlicher
Tätigkeitsinhalte. Fragen zum Selbstverständnis der Schulpsychologen, zur
Selbstwahrnehmung ihrer beruflichen Situation werden nicht oder nur am Rande
berührt.
Wenn wir unsere Untersuchung unter dem Titel „quantitativ – qualitative
Momentaufnahme“ abfassen, so ist damit zweierlei ausgesagt. Zum einen
stellen quantitative und qualitative Herangehensweisen an das empirische
Feld keine gegensätzlichen, sondern im Prozess des Erhebens, Reduzierens,
Systematisierens und Transformierens von Daten ineinanderlaufende
Dimensionen dar. Zum anderen bezeichnet der Begriff Momentaufnahme eine
punktuelle Annäherung an die in Entwicklung befindliche berufliche
Wirklichkeit der Befragten, wobei die punktuelle Aufnahme gleichzeitig die
Intention mit einschließt, über den Moment hinaus wirksame individuelle
Auffassungen und strukturelle Bedingungen festzuhalten. Die Annäherung an
das empirische Feld wird aus historischer, handlungskonzeptioneller und
schultheoretischer Perspektive vorbereitet.
Historisch, um die Entwicklungslinien herauszuarbeiten, die den
Gestaltwandel schulpsychologischer Tätigkeit von den Anfängen bis in die
Gegenwart hinein durchziehen. Zu durchleuchten sind insbesondere die in
Bayern entstandenen institutionellen Rahmenbedingungen der Schulpsychologie.
Handlungskonzeptionell, um die in der Praxis vorfindbare Tätigkeitsstruktur
auf dem Hintergrund der systematisierbaren Gegenstände und Vorgehensweisen
schulpsychologischer Arbeit analysieren und beurteilen zu können.
Schultheoretisch, weil die Schule das gesellschaftliche und institutionelle
Bedingungsgefüge darstellt, innerhalb dessen der Schulpsychologe tätig wird.
Auf dieses Bedingungsgefüge bezieht sich der Schulpsychologe unweigerlich
mittels einer Schultheorie – wie wissenschaftlich oder alltagstheoretisch
sie auch immer verfasst sein mag – die sein Auftreten und Eingreifen am
Praxisort Schule ausrichtet.
Alle drei Perspektiven bieten für sich und in ihrer Aufeinanderbezogenheit
die Voraussetzung dafür, gegenstandsrelevante Leitfragen an die
schulpsychologische Praxis zu richten. Zur annäherungsweisen Beantwortung
der Leitfragen werden über unterschiedliche thematische Zugänge zum
Erfahrungswissen und Selbstverständnis der Schulpsychologen Informationen
gesammelt.
Im Anschluss an die in diesem Zusammenhang geführten Interviews kam es immer
wieder vor, dass von Befragten zum Ausdruck gebracht wurde, das Gespräch habe
sie zu intensivem Nachdenken über ihre berufliche Situation, ihre
Erfahrungen und Vorstellungen von der schulpsychologischen Tätigkeit
angeregt. Dem Praktiker ist vertraut, dass der Berufsalltag dazu eher selten
Gelegenheit bietet; ein Umstand der mit zur Verfestigung von professioneller
Alltagsroutine, zum Fragloswerden des eigenen Tuns beiträgt. Die
Auseinandersetzung mit den vorliegenden Untersuchungsergebnissen mag daher
auch den Leser, der im Raum Schule mit Beratungsaufgaben konfrontiert ist
oder sich auf solche vorbereitet, zur kritischen Distanznahme,
Selbstbefragung und Selbstreflexion anleiten. Die aufbereiteten Daten
konstituieren quasi eine Art Koordinatensystem, über das der interessierte
Rezipient Wirklichkeits- und Möglichkeitsbedingungen schulpsychologischer
Betätigung nachvollziehen kann.
Nicht zuletzt besteht das Anliegen der vorliegenden Arbeit darin, im
Anschluss an eine Analyse schulpsychologischer Praxis in der Gegenwart, zur
Diskussion über mögliche Entwicklungsperspektiven bayerischer
Schulpsychologie in Theorie und Praxis einen Beitrag zu leisten.
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